Nach der Aufhebung der Sozialistengesetze erfuhr die SPD einen regen Zulauf: Bei den Reichstagswahlen 1890 war sie mit 19,8 Prozent bereits die stärkste Partei im Kaiserreich. Im Reichstag trat die Partei energisch gegen den Kolonialismus ein was ihr den Vorwurf des „Vaterlandsverrats“ einbrachte und 1907 in der „Hottentottenwahl“ gipfelte. Bis 1912 konnte die Partei ihr Ergebnis (mit Ausnahme der bereits genannten Wahl 1907) noch steigern. 1912 erhielt die SPD 34,8 Prozent und wurde stärkste Fraktion im Reichstag. Im Jahre 1913 hatte die Partei bereits 982 850 Mitglieder. Inhaltlich sah sich die SPD im Reichstag im Widerspruch zwischen dem revolutionären Parteiprogramm und der tatsächlichen praxis- und reformorientierten Politik. Dies führte zu heftigen innerparteilichen Auseinandersetzungen. 1914, nach Ausbruch des 1. Weltkriegs, stimmten die Sozialdemokraten im Reichstag, durch den
so genannten „Burgfrieden“, Kriegskrediten zu. Dies hatte zur Folge, dass sich eine Gruppe unter Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht, zum so genannte „Spartakusbund“, abspaltete, aus dem 1919 die Kommunistische Partei hervorging. 1917 gab es eine erneute Abspaltung der Sozialdemokraten. Diese nannte sich "Unabhängige SPD" (USPD). Die Sozialdemokratie war nun in USPD und "Mehrheitssozialdemokratische Partei" (MSPD) gespalten.