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Nahe-Zeitung, 19.10.2002

Im Fadenkreuz des Regimes

Dr. Rüdiger Gollnick sprach über Gerhard Storm - Flammende Antikriegspredigt brachte ihn ins KZ

Über einen Mann, der am Birkenfelder Gymnasium sein Abitur machte und vor 60 Jahren im KZ Dachau starb, referierte ein Erziehungswissenschaftler aus Duisburg, der sogar ein Buch über Gerhard Storm schrieb.

BIRKENFELD. Mit herausragenden Persönlichkeiten, die eine Beziehung zur Region haben, wie etwa Otto Pick, Wilhelm Dröscher oder Freiherr von Liebenstein, beschäftigt sich eine vierteilige Veranstaltungsreihe des SPD-Ortsvereins Birkenfeld. Eine besondere Bedeutung kommt dabei dem Widerstandskämpfer Gerhard Strom zu, der 1909 in Birkenfeld sein Abitur bestand. Zum einen ist in diesem Jahr dessen 60. Todestag, zum anderen wurde er jüngst im Birkenfelder Stadtrat als Namensgeber für eine Straße im Neubaugebiet Haesgeswiesen vorgeschlagen.

Wie kam Gerhard Storm nach Birkenfeld? Der aus dominikanischer Tradition stammende Storm legte im niederländischen Venlo am Collegium Albertinum, einem Dominikaner- Gymnasium, die Mittlere Reife ab, wollte aber das Abitur dort nicht machen, weil die niederländische Matura seinerzeit in Deutschland nicht anerkannt war. Schließlich wählte er das Birkenfelder Gymnasium, um die dreijährige Oberstufe zu absolvieren.

Während seiner Zeit als Oberstufenschüler lebte er in einem kleinen, ebenfalls dominikanisch geleiteten Internat in der heutigen Hauptstraße der Kreisstadt.

Größten Wert legte Storm später - speziell in seiner Zeit als junger Kaplan in Wesel am Niederrhein - auf die Arbeit mit der Jugend und den Heranwachsenden. Charakteristisch für ihn waren die religiös fundierte, traditionell katholische Werte- Erziehung sowie seine Wahrheits- und Gerechtigkeitsliebe. In seiner Zeit in Wesel und später im Nachbarort Emmerich - dort fungierte er von 1920 bis 1940 als Berufsschullehrer und Jugendkaplan - war es stets sein Anliegen, junge Menschen zu wachen und mündigen Individuen zu erziehen.

Dieses Ziel verfolgte er mit außergewöhnlichem Engagement: Er organisierte Theater- und Tanzveranstaltungen, ließ die Jugendliche aber auch den politischen Schlagabtausch "hautnah" miterleben, indem er mit ihnen Diskussionsveranstaltungen besuchte. Vom kostenlosen Nachhilfeunterricht bis hin zu finanziellen Hilfen reichte sein sozialer Einsatz.

Eine flammende Predigt

Später geriet er mehr und mehr ins Fadenkreuz des damaligen NS-Regimes. Nach einer Phase des passiven Widerstands, der sich bis zur flammenden Antikriegspredigt entwickelte, wurde er 1942 inhaftiert und starb noch im selben Jahr im KZ Dachau.

Aus pädagogischer Sicht, so zeigte Gollnicks Analyse unmissverständlich, waren Storms Ideale kaum mit der Weltanschauung des nationalsozialistischen Systems vereinbar. So war es nicht zuletzt ein Plädoyer gegen die Familienpolitik der Nazis, das ihm zum Verhängnis wurde. Seine Orientierung in Richtung individueller Erziehung und die christlichen Ideale - vor allem Nächstenliebe und Gleichheit aller Menschen - waren bezeichnend für den unverkennbaren Gegensatz zum rassistischen Elitarismus und der rigorosen Verpflichtung auf eine politische Linie. Michael Werle

Nahe-Zeitung, 11.11.2002 Nahe-Zeitung, 16.10.2002